Parkettmustertafeln

Die beiden Parkett-Mustertafeln, die sich heute im MAK in Wien befinden, bestehen aus jeweils neun Einzeltafeln und hingen im Treppenhaus des Direktionsgebäudes der Thonetfabrik in Hallenkau. Zum Zwecke der Präsentation wurden sie mit einem Rahmen und einer stabilisierenden Verstrebung auf der Rückseite versehen und anschließend teilweise in die Wand eingemauert.
Nutzungsspuren lassen darauf schließen, dass sie verlegt gewesen waren, wieder ausgebaut und als Mustertafeln genutzt wurden.
Eine der beiden ist auf der Rückseite mit „G.T.“ und „2“ gekennzeichnet. Die Buchstaben G. und T. [Gebrüder Thonet] finden sich auch auf einigen Sesseln aus dem Anfang der 1860er Jahre, wobei eine eindeutige zeitliche Eingrenzung nicht möglich ist.
Einen Hinweis auf die Entstehungszeit gibt allerdings die angewandte Herstellungstechnik: Die Muster bestehen aus geschweiften Elementen, die teilweise noch in Schichtholz, teilweise aber schon bereits in massiver Art und Weise ausgeführt sind. Die massiven Teile bestehen aus Hölzern einer Stärke von bis zu 15 Millimetern, ebenso wie die massiv gebogenen dreiteiligen Sitzringe der Sessel und Fauteuils aus der zweiten Hälfte der 1850er Jahre. Da das Massivholzpatent 1856 erteilt wurde, ist es naheliegend, als früheste Entstehungszeit dieses Jahr anzunehmen.

Die Mustertafeln bestehen aus jeweils neun Einzeltafeln, je 625mm x 625mm, mit Nut und Feder verbunden. Die Höhe beträgt 27, die Furnierdicke zwischen 2 und 5 Millimeter.
Material:
Blindboden: Weichholz (Kiefer oder Fichte) sägerauh in traditioneller Herstellungstechnik: Zwei an den Hirnseiten des Blindholzes durch Nut und Feder angebrachte Leisten verhindern ein Verziehen und Werfen der Blindtafeln. Gleichzeitig versehen sie die Tafel an den Hirnseiten mit Langholz, wodurch das Nuten der Kanten und das Aneinanderfügen der einzelnen Teile zu einem vollständigen Boden ermöglicht wird.
Furnierlage:
gebogene Teile aus Eiche, Ahorn und Nussbaum/dunkles exotisches Holz, Füllflächen: Eiche


Zu der Parkettenproduktion der Gebrüder Thonet hier ein kurzer Ausschnitt aus der Monographie:

„Das Unternehmen Gebrüder Thonet 1796 – 1924, Eine Möbelfirma erobert die Welt“

„Obwohl sich alle Anstrengungen ab dem Beginn der 1860er Jahre schließlich darauf konzentrierten, das Möbelgeschäft weiter auszubauen, fanden sich Dokumente, die belegen, dass die Gebrüder Thonet die Fertigung von Parketten nie aufgegeben haben. Sie fand nach der Aufgabe der Werkstatt in Wien erst in Koritschan, später in speziell dafür eingerichteten Räumlichkeiten in Bistritz statt. In einem redaktionellen Bericht des Mährischen Korrespondenten über die dortige Fabrik heißt es: „Von der Vollkommenheit der Maschinen werden Sie sich eine Vorstellung machen, wenn ich Ihnen bemerke, daß 200 Arbeiter täglich 100 Sessel und 100 Parquettafeln fertig machen und nebenher noch eine beliebige Anzahl Räder biegen.“ Wegen der nach wie vor bestehenden Nachfrage entschloss man sich 1873 schließlich, die Produktion von Parkettböden in eine eigene Fabrik zu verlagern. Zu diesem Zweck erwarb das Unternehmen 1873 einen bereits bestehenden Betrieb für Maschinen-Parketten in Gýmešské Kostolany , einer kleinen Ortschaft in Ungarn, nur etwa 30 Kilometer von der Fabrik Groß Ugrócz und 60 Kilometer von Nitra entfernt.
Diese Parkettenfabrik war 1818 von der Familie Forgáč südöstlich des Ortszentrums errichtet, von einem Dr. Bastler übernommen und 1873 von diesem an die Gebrüder Thonet verkauft worden. Es war die seinerzeit modernste Parkettenfabrik in Ungarn, spezialisiert auf überwiegend maschinell hergestellte Parketten, sogenannte Maschinen-Parketten. Das Geschäft mit Parkettböden wurde von dem Unternehmen somit ebenso wie die Möbelherstellung in industriellem Maßstab betrieben. Die Gebrüder Thonet fertigten Parkettböden in dieser Fabrik bis Anfang der 1890er Jahre, ab 1892 ist dieser Standort nicht mehr nachweisbar. Bemerkenswerterweise finden sich in den jährlichen Statistiken, den sogenannten Jahresausweisen und auch in weiteren Unterlagen keinerlei Hinweise auf dieses Geschäftsfeld, was umso überraschender ist, als ansonsten alle geschäftlichen Vorgänge akribisch dokumentiert wurden. Grund hierfür könnte sein, dass es sich bei dem Parkettengeschäft wohl um größere Einzelaufträge für Privatpersonen oder gewerbliche Objekte handelte, wobei sich die Interessenten direkt an die Firma wandten.“

Parkett-Mustertafeln

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